Streit in der Beziehung

Dr. Esther Huser, Fachpsychologin für Psychotherapie

Psychologische Beratung und Psychotherapie in Zürich

Streit

Ist Streit gut für Beziehungen?

Viele Paare können zusammen keine Konflikte lösen. Sie streiten zwar, aber dabei verlieren sie den Konflikt aus den Augen, es geht immer nur um den aktuellen Streitgrund. So wird sich der eigentliche Konflikt, das eigentliche Problem sehr bald wieder melden...

Es gibt auch Menschen, für die ist häufiger Streit Normalität in der Beziehung, sie denken gar, dass dies die Beziehung am Leben halte. Dabei ist es natürlich entscheidend, was genau die beiden unter Streit verstehen. Denn rasch wird eine Bezie­hung problematisch, wenn mit folgenden Verhal­tens­weisen gestritten wird:

Welche Streitmechanismen schaden einer Beziehung?

  • Schreien.
  • Aggression zeigen (Stimme, Gebärden, Worte, usw.).
  • Davonlaufen und den Partner stehen lassen (... lautstark oder wortlos ...).
  • Sofort einwilligen, wenn es zu anstrengend wird, sich durchzusetzen (... ok, dann eben, wenn Du unbedingt willst ...).
  • Den Partner beschimpfen ( ... ).
  • Sich gegenseitig verletzen (... das ist nur, weil Du so dumm bist ...).
  • 'Alte Zöpfe' wieder aufwärmen (... auch damals hast Du ja genau gleich ...).
  • Drohen, womit auch immer, z.B. mit Trennung (... so bringt das mit uns zwei nichts mehr ...).
  • Entwertung der Meinung und des Ver­hal­tens des Anderen (... Du kannst einfach nicht denken ...).
  • Zynisch werden (...na Du mit Deinem ach so leistungsfähigen Gehirn ...).
  • Versuchen, den anderen zu dominieren (...ich werde es Dir schon zeigen ...).
  • Gewinnen wollen (... entweder wir machen es so, wie ich vorgeschlagen habe, oder es wird ...).
  • Wut unterdrücken und so tun, wie wenn nichts wäre (... ja aber mein Lieber, wir können doch in Ruhe darüber sprechen ...).
  • Schmollen und den anderen stehen lassen.

Solche Verhaltensweisen lösen ein Problem nicht, weil man sich auf den aktuellen Streit und die Verletzungen und Kränkungen konzentriert. Streitthemen bleiben damit über lange Zeit­span­nen in der Beziehung akut und scheinen unüberwindbar. Man glaubt, den Konflikt zu thematisieren, eigentlich thematisiert man aber den Streit.

Es gibt einen entscheidenden Punkt in menschlichen Beziehungen, der gewährleistet, dass man nicht auf diese destruktive Art miteinander streitet: Achtung und Respekt voreinander. Wenn zwei Menschen Achtung voreinander haben, wird es weniger dazu kommen, das Gegenüber zu beschimpfen, zu verletzen, zu dominieren, ihm zu drohen etc.. Damit man aber den Respekt eines Menschen gewinnen kann und sich nicht entwerten lässt, braucht man zuerst Respekt sich selbst gegenüber.

Warum ändert sich mein Partner nicht?

Menschen ändern sich nur selten und eher nur in kleinen Dingen. In der Verliebtheitsphase gelingt es spielend, sich dem Partner von einer perfekt scheinenden Seite zu zeigen und zu ändern, was der andere so nicht haben möchte. Ist diese Pha­se nach einigen Monaten vorbei, fällt man wieder in seine früheren Verhaltensweisen zurück.

Die meisten Menschen möchten ihre Partner auch später noch immer in kleineren oder grösseren Belangen verändern. Sie kritisieren (laut oder stumm), sie fordern und sie verhandeln. Bei vielen Paaren, die in Therapie kommen, findet man durchaus die Einsicht vor, selber auch 'Schuld' am Streit zu haben (... ich bin manchmal auch etwas ...), aber der andere hat immer eindeutig mehr Schuld: (... Er/sie muss zuerst ... und dann würde ich schon ...). Sie möchten mit Hilfe des Therapeuten in erster Linie ihren Partner verändern und nicht sich selbst.

Dieser Ansatz kann in einer Beziehung nicht gelingen. Weiterzukommen gelingt nur, wenn beide Partner darüber nachdenken, was sie an sich selber verändern könnten, statt darin zu verharren, sich gegenseitig 'Schuld' aufzurechnen, damit der andere etwas verändert. Dies bedeutet Respekt und Achtung.

Ein Beispiel: Eine Frau möchte unbedingt, dass ihr Partner damit aufhört, anderen Frauen nachzuschauen, weil sie dies nicht 'nur' ärgert, sondern jedes Mal zutiefst verletzt. Sie respektiert aber, dass er dies trotz ihrer Wünsche gerne tut. Sie schlägt vor, dass er es wenigstens in ihrer Gegenwart unterlässt, und sie wird im Gegenzug lernen, sich dagegen besser zu immunisieren. Kompromisse aufgrund von Respekt können hier zu einer Lösung führen, mit der beide leben können.

Streiten will gelernt sein

In einer Therapie können Paare oder Einzel­perso­nen lernen, so zu streiten, dass sie respektvoll mit sich selber und dem Gegenüber umgehen. Sie lernen, für ihre Wünsche einzustehen und diese ruhig und sachlich zu vertreten. Sie lernen, Wut so auszudrücken, dass es keine Aggression ist und der Respekt vor dem anderen gewahrt bleibt. Wichtig bleibt, dass sie selber etwas lernen möchten und nicht den Partner verändern möchten ...

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